Wenn das eine Headline ist, die Dich neugierig macht, freue ich mich, wenn Du weiterliest. Wie hältst Du es denn mit der Weihnachtspost? Schreibst Du (gern?), bekommst Du, beides oder weder noch? Oder wünschst Du digital ein frohes Fest?

Es gibt so viele verschiedene Vorlieben und ganz unterschiedliche Arten von Karten und Texten, wie Menschen. Ich mag die Vielfalt. Aber eins ist auch klar: An diesem Thema scheiden sich die Geister.

„Dass du dir das antust…“, durfte ich mir vor ein paar Jahren mal von einer Nachbarin anhören. Wir verstehen uns sehr gut und ich hatte sie bis dahin immer mit einer Weihnachtskarte bedacht. Sie war wirklich aufgebracht, als wir uns zwischen den Jahren zufällig trafen und hielt mir einen Vortrag, dass ich damit doch nur mir selbst einen Gefallen tun würde und dass sie gar keine Zeit hätte, um eine Karte zurückzuschreiben. Dass es gar nicht meine Absicht war, auch von ihr Weihnachtswünsche zu erhalten, wollte sie gar nicht hören, sondern nur loswerden, was sie stattdessen alles zu tun habe: Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung, Steuererklärung. Okay.

Alleinstehend, Mitte Siebzig, Rentnerin.

Uff, da war ich geplättet und musste erstmal sacken lassen, dass meine Absicht, jemandem Wertschätzung entgegenzubringen, offenbar nach hinten losgegangen war. Aber gut – so wusste ich Bescheid und habe seitdem ihren Wunsch respektiert und keine Weihnachtskarte mehr geschrieben, ohne, dass sie mich jeden Dezember daran erinnern musste – was sie natürlich trotzdem tat.

(Ich war allerdings amüsiert, als sie mir gerade erst vor ein paar Tagen erzählte, dass sie noch Weihnachtskarten schreiben müsse. An ihre ehemaligen Kunden. Ja dann.)

The most wonderful time of the year

Ich bin ja ein großer Weihnachtsfan. Und Weihnachtspost zu schreiben, gehört als Ritual in der Vorweihnachtszeit für mich dazu. Davon abgesehen, dass ich ab Oktober sehnlichst darauf warte, endlich Bachs Weihnachtsoratorium zu hören, liebe ich es, schöne Karten auszusuchen, sobald die Saison beginnt und sie zum Kauf angeboten werden. (Die schönsten habe ich in der Vergangenheit in London gefunden, als wir regelmäßig die Familie dort besucht haben. In der Holy Trinity Church in der Sloane Street gab es ein unfassbar großes Angebot meist an Charity Cards … hach, ich denke gern daran zurück.)

Ich bin leider immer ein bisschen spät dran mit meiner Weihnachtspost, aber schaffe es zumindest, dass meine Wünsche auch über die Grenzen hinaus rechtzeitig zum Fest ankommen. Währenddessen freue ich mich über Briefe und Karten, die in der Vorweihnachtszeit den Weg in meinen Briefkasten und dann ihren Platz am leerer werdenden Adventskalender meiner Kids finden.

 

Rituale und Gegenwärtiges

Zugegeben, ich erwische mich in den letzten Jahren dabei, dass ich sage „Ich muss noch …“ Dabei möchte ich. Denn wenn ich selbst schreibe, kann ich ganz gut downshiften. Am liebsten an einem gemütlichen Adventssonntag mit Tee, Keksen und flackernden Kerzen am Adventskranz. Und dann darf natürlich endlich das Weihnachtsoratorium laufen. Ich nehme meist nur dieses eine Mal im Jahr meinen schönen Füller und das Tintenfass, habe ein paar Klebesterne und manchmal auch ein Gedicht, das ich in die Karten einklebe. Seit 2-3 Jahren ist auch die Lesebrille am Start. Das ist der Lauf der Dinge.

 

Welche Karten müssen zuerst auf den Weg gebracht werden, was gibt es dieses Jahr zu berichten? Auch, wenn es letztlich immer um gute Wünsche zum Fest und fürs neue Jahr geht, will man ja nicht jedes Mal das gleiche schreiben. (Wobei die Gefahr bei der aktuellen Weltlage und der Dynamik ohnehin nicht so groß ist.)

 

Reflexion und Wertschätzung

Automatisch lässt man das Jahr Revue passieren und denkt in den Minuten, in denen man eine bestimmte Karte vor sich hat, genau an diese Menschen und fühlt sich ihnen nah. Was verbindet uns? Konnten wir in den letzten 365 Tagen Zeit miteinander verbringen? Wofür bin ich dankbar? Worauf freuen wir uns im kommenden Jahr? Das ist natürlich ganz individuell.

Irgendwann sind alle Karten geschrieben, frankiert und gehen auf die Reise. Der Grinch würde sagen: „Spar´s dir, sie landen früher oder später eh im Altpapier!“ Er mag Weihnachtskarten sicher genauso wenig, wie meine Nachbarin. Das ist ok. Aber ich möchte weiterhin zu Weihnachten Wünsche verschicken. Und wenn es für diesen Moment ist, in dem die Karte in den Händen gehalten wird und sich ein weihnachtliches Gefühl bei der Person breitmacht, für die sie gedacht ist.

Dann ist die Weihnachtsbotschaft angekommen. Wertschätzung, Hoffnung, Zuversicht, Liebe.