Im vierten und letzten Interview der vorweihnachtlichen Serie „Say YES! to Coaching“ habe ich mit Julius gesprochen. Der 32jährige ist als Operations Manager in der Logistikbranche tätig und erzählt von seinen Coaching-Erfahrungen als Young Professional und der Erkenntnis, dass man auch als introvertierter Mensch eine erfolgreiche Führungskraft sein kann.

 

In welcher Situation bzw. zu welchem Anlass hast Du ein Coaching in Anspruch genommen?

Als Berufseinsteiger direkt nach dem Studium startete ich meinen ersten Job, hatte zwar ein Trainee-Programm absolviert, aber noch keine Führungserfahrung. Mein damaliger Chef kam gleichzeitig neu in seine Position, und schon prallten sehr unterschiedliche Erwartungshaltungen aufeinander. Bald wurde die Fülle der neuen Aufgaben in Kombination mit den Anforderungen meines Chefs zu einer Belastung für mich. Wir waren zwei komplett unterschiedliche Typen, er laut, extrovertiert und leicht cholerisch, eine andere Generation und sehr fordernd, ich genau das Gegenteil. Es kam schon bald zu verschiedenen Konfliktsituationen und ich sah mich mit all meinen Verfehlungen konfrontiert. Da ich noch in der Probezeit war, scheute ich mich, nach Unterstützung zu fragen, da ich dachte, das würde mir als Zeichen von Schwäche ausgelegt. Doch ich wurde zum Gespräch beim Personalchef eingeladen. Zwar hatte ich erst Bedenken, doch das lief dann ganz positiv. Mir wurde zugehört, ich fühlte mich verstanden und es wurde nach einer Lösung gesucht. In diesem Gespräch gab es dann zwei Alternativen: Entweder, ich verändere mich im Unternehmen funktionell oder räumlich, oder ich bleibe und nehme Unterstützung durch ein Coaching in Anspruch. Das war auf meiner Ebene absolut unüblich, da Coaching eigentlich nur den Führungskräften angeboten wurde – das ist heute auch schon etwas anders.

Da ich nicht aufgeben wollte, war ich bereit, dies auszuprobieren und der Personalchef vermittelte mir einen Coach, die er selbst kannte. Die Themen waren, Aufgaben besser zu delegieren, mich besser zu positionieren und durchzusetzen, die Arbeitslast angemessener zu verteilen, so dass ich mich damit wohlfühle und meinen eigenen Führungsstil entwickeln kann.

 

Was wusstest Du vorher über Coaching?

Eigentlich nichts. Während des Trainee-Programms hatten wir zwar Tagesseminare zu verschiedenen Themen, denen, wie ich jetzt weiß, im Coaching auch eine gewisse Relevanz zukommt, wie z.B. Kommunikation und Führung. Aber das geschah in Gruppenarbeit und ging über fachlichen Input nicht hinaus. Erst im Coaching selbst wurde mir dann klar, dass eine 1:1-Beziehung unter vier Augen viel mehr Tiefgang und zielgerichtetes Arbeiten ermöglicht.

 

Was war Dir bei der Zusammenarbeit mit Deiner Coach besonders wichtig?

Das erste Kennenlerngespräch war wichtig, um abzustecken, ob wir zueinander passen. In diesem habe ich schon gemerkt, dass sie der Typ Mensch ist, dem ich vertrauen und dem gegenüber ich mich öffnen kann. Während ich die fachliche Unterstützung vom Personalchef hatte, bekam ich von meiner Coach den methodischen Support. Das Wichtigste war, dass sie zuhörte, Interesse und Verständnis zeigte und eine sehr wertschätzende Haltung hatte. Ich habe dadurch Vertrauen gefasst, was ich als Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sehe.

 

Wie oft und wie lange hast Du das Coaching in Anspruch genommen?

Das gesamte Coaching ging fast eineinhalb Jahre. Dadurch, dass mein Coach in Köln und ich im Rhein-Main-Gebiet war, hatten wir in dieser Zeit vier komplette Tages-Sessions vor Ort und dazwischen immer wieder regelmäßige Coaching-Gespräche per Telefon.

 

Wann hast Du erste Veränderungen durch das Coaching wahrgenommen und was war danach anders?

Dass es nicht negativ ist, in einer Führungsposition introvertiert zu sein. Die Erkenntnis, dass ich auch mit meiner ruhigen Art im Job glücklich und erfolgreich sein kann, hat mir schon nach dem ersten Coaching-Tag Selbstbestätigung gegeben. Kurz darauf hatte ich mich mit meinem Chef zu einem Spaziergang verabredet, bei dem wir uns jeweils beide (vorbereitete) Fragen bezüglich unseres Konflikts gestellt hatten. Das war ein super Tool, die Gesprächsatmosphäre war besser und der Redefluss leichter, als wenn wir an einem Konferenztisch gesessen hätten.

Danach habe ich mich gestärkt gefühlt. Ich konnte auch mal sagen, dass ich Unterstützung brauche. Dadurch wurde es schließlich möglich, dass ich Aufgaben besser priorisieren und delegieren sowie meine eigene Arbeitsleistung so organisieren konnte, dass es für mich passt.

 

Was war Dein größtes Learning im Coaching? Gab es einen „gamechanger“?

Vor allem, dass meine introvertierte Art nichts Schlechtes ist. Man muss nicht laut sein. Ich habe viel über mich erfahren und konnte meine Eigenschaften besser einschätzen und schauen, wie ich damit erfolgreich sein kann. So unterschiedliche Typen es gibt, so gibt es unterschiedliche Führungsstile.

Was mir hier einiges bewusst gemacht hat, war die Arbeit mit einem Kartendeck, genauer: mit Wertekarten, die ich auswählen und für mich beschreiben sollte. Das war eine super Methode, für mich zu visualisieren: So bin ich, das ist meine Art, das ist mein Stil, das passt für mich – und damit kann ich erfolgreich sein.

Welche Tipps oder wichtigen Hinweise hast Du für jemanden, der/die überlegt, ein Coaching zu beginnen?

Einfach machen! Anfangs ist es ein Stück weit Überwindung. Ich habe zum Beispiel gedacht: ,Was kann mir ein Coach schon noch sagen? Er kennt mich doch gar nicht!´ Aber darauf kommt es nicht an, man kann also ruhig über seinen Schatten springen. Denn wenn die persönliche Ebene passt und das Vertrauensverhältnis stimmt, dann bringt es wirklich was.

 

Ich unterstütze „Say YES! to coaching”, weil …

… Coaching zwar zunächst unbequem sein kann, aber dich trotzdem erfolgreicher macht!

Vielen Dank, lieber Julius, für diese spannenden Insights und das Teilen Deiner Erfahrungen! Diese machen Mut und zeigen einmal mehr, was durch Coaching möglich wird – und zwar keineswegs nur auf Führungsebene.